Assistenz im Urlaub: So bekommst du die Kosten erstattet

Anspruch, Antrag und Tipps für Betroffene und Angehörige

Urlaub ist für viele Menschen die schönste Zeit des Jahres. Doch für Menschen mit Behinderung stellt sich oft eine ganz besondere Frage: Wie lässt sich der Urlaub organisieren, wenn man auf persönliche Assistenz angewiesen ist – und wer bezahlt das eigentlich? In diesem Beitrag erfährst du, welche Möglichkeiten es zur Finanzierung gibt, welche Träger zuständig sind und welche Rolle ein richtungsweisendes Urteil des Bundessozialgerichts spielt.
 

Was ist "persönliche Assistenz" im Urlaub?

Persönliche Assistenz bedeutet, dass eine Person Menschen mit Behinderung im Alltag unterstützt – zum Beispiel beim Anziehen, Essen, der Mobilität oder bei der Kommunikation. Diese Unterstützung ist für viele unverzichtbar, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Auch im Urlaub werden diese Hilfen benötigt, weshalb die Assistenzkraft oft mitreisen muss.
 

Wer zahlt für die Assistenz im Urlaub?

Die gute Nachricht: Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Assistenzkosten im Urlaub zu finanzieren. Dabei wird grundsätzlich zwischen nicht-behinderungsbedingten und behinderungsbedingten Kosten unterschieden:
 

  • Nicht-behinderungsbedingte Kosten (z. B. eigene Reisekosten, Hotel, Verpflegung) müssen selbst getragen werden.

  • Behinderungsbedingte Mehrkosten (z. B. Reisekosten und Unterbringung der Assistenzkraft, ihr Lohn während des Urlaubs) können übernommen werden.


Mögliche Leistungsträger sind:
 

  • Pflegekasse (z. B. über Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege, Entlastungsbetrag)

  • Sozialhilfeträger (Eingliederungshilfe nach dem SGB IX)

  • Persönliches Budget (frei verfügbarer Geldbetrag zur Organisation der eigenen Assistenz)

  • Weitere Träger je nach Situation: z. B. Jugendhilfe, gesetzliche Unfallversicherung, Rentenversicherung


Das wichtige Urteil des Bundessozialgerichts (BSG)

Ein Durchbruch für die Anerkennung von Assistenzkosten im Urlaub war das Urteil des BSG vom 19. Mai 2022 (Az.: B 8 SO 13/20 R). Hier zur Pressemitteilung

Der Fall:

Ein Rollstuhlfahrer (Jens Merkel - ein Nachruf) wollte auf einer siebentägigen Kreuzfahrt eine Assistenzkraft mitnehmen und beantragte beim Sozialhilfeträger die Übernahme der Assistenzkosten. Der Träger lehnte ab. Das BSG entschied jedoch zugunsten des Klägers. 
 

Die Kernaussagen des Gerichts:
 

  • Urlaub ist legitimes Teilhabebedürfnis. Eine Urlaubsreise gehört zum normalen Leben und darf Menschen mit Behinderung nicht verwehrt werden.

  • Assistenzkosten sind erstattungsfähig, wenn sie notwendig sind, um eine solche Teilhabe zu ermöglichen.

  • Die Reiseform muss angemessen sein, also etwa dem Üblichen Freizeitverhalten anderer Menschen entsprechen. 

  • Wirtschaftlichkeit prüfen: Der Träger darf prüfen, ob eine vergleichbare, aber kostengünstigere Reise möglich gewesen wäre. Aber: Der Wunsch nach selbstbestimmter Freizeitgestaltung ist grundsätzlich schützenswert.


Dieses Urteil hat Klarheit geschaffen und den Weg für viele Menschen mit Behinderung geebnet, auch im Urlaub auf ihre gewohnte Assistenz zurückgreifen zu können.


Fazit: Urlaub mit Assistenz ist möglich – und finanzierbar

Dank klarer gesetzlicher Grundlagen und der Rechtsprechung des BSG ist die Finanzierung von Assistenz im Urlaub heute besser abgesichert denn je. Wichtig ist eine frühzeitige Planung, die Kombination verschiedener Leistungsträger und ggf. die Nutzung des persönlichen Budgets.

Für die Kostenübernahme der persönlichen Assistenz in deinem Urlaub, kannst Du einen formlosen Antrag bei deinem Kostenträger einreichen und auf das Urteil des BSG verweisen.

Tipp: Lass dich beraten – zum Beispiel durch eine EUTB-Stelle (Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung) oder Selbsthilfeverbände wie die ISL. Auch bei der Antragstellung oder einem möglichen Widerspruch kann dir dort geholfen werden.

Denn klar ist: Teilhabe darf nicht am Urlaub scheitern.

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